Vorgeburtliche Untersuchungen erfolgreich anwenden
Wie Ultraschalluntersuchungen während der Schwangerschaft erfolgreich zum Einsatz kommen, stand beim Pränatalsymposium im Haus der Siegerländer Wirtschaft im Fokus. Auf Einladung der Geburtshilfe und Pränatalmedizin des Diakonie Klinikums informierten sich 70 niedergelassene und klinische Frauenärzte.
„Ich freue mich darüber, mit Ihnen in den Dialog zu gehen, über Themen, die für unsere Arbeit höchstwichtig sind“, begrüßte Organisatorin Dr. Flutura Dede, Chefärztin der Klinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin im Siegener Diakonie Klinikum, die Gäste und Redner. Eine der wichtigsten Untersuchungen während der Schwangerschaft ist das Ersttrimesterscreening (ETS). Es findet zwischen der 11. und 14. Schwangerschaftswoche statt und besteht aus einem Organultraschall des Kindes und einer Blutuntersuchung der Mutter. Ziel ist es, die Wahrscheinlichkeit für mögliche Fehlbildungen beim Kind festzustellen. Professor Dr. Karl Oliver Kagan vom Uniklinikum Tübingen war dem Publikum per Videotelefonie zugeschaltet. Der Fachmann machte deutlich, dass mit dem nichtinvasiven Pränataltest (NIPT) per Blutprobe der Mutter mit großer Sicherheit festgestellt werden, ob das ungeborene Kind von einer der drei häufigsten Trisomien (Down-Syndrom, Edwards-Syndrom, Pätau-Syndrom) betroffen ist. Über strukturelle kindliche Fehlbildungen, die die große Mehrzahl ausmachen, gebe der Bluttest aber keine Auskunft. Deshalb dürfe der „NIPT“ die frühe, etablierte Ultraschalldiagnostik nicht ersetzen. „Das Ersttrimesterscreening stellt deutlich mehr als der NIPT dar.“ So erlaube der NIPT beispielsweise nicht die Erkennung eines kindlichen Herzfehlers.
Zu einer Besonderheit in der Pränatalmedizin zählen monochoriale Zwillinge. Hier teilen sich beide Kinder eine Plazenta (Mutterkuchen). Sie müssen engmaschig per Ultraschalluntersuchung überwacht werden, um zu erkennen und zu vermeiden, dass ein Kind mit zu viel Blut und das andere Kind mit zu wenig Blut versorgt wird. Professor Dr. Dr. Franz Bahlmann vom Bürgerhospital in Frankfurt stellte in seinem Vortrag Daten vor. So lag in Deutschland die Anzahl an monochorialen Zwillingen im Jahr 2019 bei rund 14 000. „In den Folgejahren war eine Reduktion zu bemerken. 2023 lagen wir bei etwa 11 000“, so der Experte. Neben den allgemeinen Risiken, die bei Zwillingsschwangerschaften vorliegen – unter anderem Wachstumsprobleme und Frühgeburten –, können bei monochorialen Zwillingen zusätzliche Problematiken wie Organschäden und neuromotorische Entwicklungsstörungen auftreten. Schlimmstenfalls kann es auch zu einer Fehlgeburt kommen. Bahlmann: „Im Verlauf der Schwangerschaft ist es elementar, rechtzeitig zu beurteilen, ob jeder Zwilling einen eigenen Mutterkuchen hat oder sich die Kinder einen teilen. Das ideale Zeitfenster liegt zwischen der 11. und 14. Schwangerschaftswoche.“ Ist eine Frau mit monochorialen Zwillingen schwanger, sei es maßgebend, ab der 16. Schwangerschaftswoche alle zwei Wochen Ultraschallkontrollen durchzuführen.
Als eine seltene, jedoch oft schwerwiegende Komplikation gilt die Placenta accreta. Dabei verwächst die Plazenta mit der Gebärmutter. Unter Umständen verbleiben nach der Geburt Teile der Plazenta in der Gebärmutter, was zu starken Blutungen führen und lebensbedrohlich für die Mutter sein kann. Professorin Dr. Brigitte Strizek vom Uniklinikum Bonn erläuterte, man müsse bei der Wahl der Therapie von Fall zu Fall entscheiden. Wird die Placenta accreta vor der Geburt entdeckt, zähle eine geplante Kaiserschnittentbindung mit anschließender Entfernung der Gebärmutter mitsamt der Plazenta zum sichersten Vorgehen. In manchen Fällen kann die Plazenta in der Gebärmutter belassen werden, wo sie sich über einige Monate abbauen kann. Dr. Brigitte Strizek machte deutlich: „Damit das gelingt, braucht man ein interdisziplinäres Team mit viel Erfahrung sowie die klinischen Ressourcen.“
Aus seiner Tätigkeit als Fachanwalt für Medizinrecht in Bonn berichtete Dr. Roland Uphoff. Interessant für die teilnehmenden Ärzte waren die vorgestellten Fälle aus juristischer Sicht. Hier wurde deutlich, dass bei abwartender Strategie bei der Geburtseinleitung stets eine engmaschige Beobachtung des Zustands von Mutter und Kind dokumentiert werden muss. Dr. Uphoff wies mit einem Fallbeispiel zudem auf die Bedeutung einer guten Kommunikation zwischen verschiedenen behandelnden Teams bei Notfällen hin. Es dürfe nicht zu einem Informationsverlust und dadurch zu einer Verzögerung der Maßnahmen beim Übertritt der Patientin aus dem ambulanten Bereich in die klinische Versorgung kommen. Die Kommunikation mit der Patientin sowie mit dem Vor- und Folgebehandler sei von immenser Bedeutung für eine gute Behandlung.
Dr. Flutura Dede stellte besondere Fälle vor, die in der Klinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin in Siegen betreut wurden. Sie berichtete von einer Zwillingsschwangerschaft, bei dem sich ein Kind mit dem Zytomegalievirus infiziert hatte. Die Infektion wird dem Kind durch Kontakt mit der Mutter über Körperflüssigkeiten (unter anderem Nasensekret, Speichel, Tränenflüssigkeit) übertragen und kann zu schweren Beeinträchtigungen des Ungeborenen führen. Hygienemaßnahmen sowie eine Bestimmung des sogenannten CMV-Status (Cytomegalie-Virus) in der Schwangerschaft werden empfohlen, auch wenn der Test eine Selbstzahlerleistung ist. Darüber hinaus schilderte die Chefärztin einen erfreulichen Ausgang einer Schwangerschaft trotz eines sehr frühen Blasensprungs. Obwohl dieser bereits in der 19. Schwangerschaftswoche auftrat, konnte die Schwangerschaft bis zur 34. Woche verlängert werden. Für Mutter und Kind ging es nach durchgeführtem Kaiserschnitt gesund nach Hause.