Steppergang korrigieren: Chirurgisch und mit Schiene
Beim Siegener Forum Gesundheit sprach Privatdozentin Dr. Anne Carolus über Therapiemöglichkeiten bei einer Fußheberlähmung. Inwiefern ein chirurgischer Eingriff helfen kann, erfuhren die rund 70 Gäste von einer ehemaligen Patientin.
„Schlappfuß“, „Stepper- oder Storchengang“: Ganz egal, wie man die Gangstörung nennt, gemeint ist eine Fußheberlähmung. Dabei kann der Fuß beim Gehen nicht mehr aktiv angehoben werden. Ständige Stolpergefahr und Fehlbelastung sind die Folgen. Im Diakonie Klinikum Jung-Stilling in Siegen sprach Privatdozentin Dr. Anne Carolus über Therapiemöglichkeiten. Wie es ist, nach einem chirurgischen Eingriff im wahrsten Sinne des Wortes wieder mitten im Leben zu stehen, erfuhren die rund 70 Gäste von einer ehemaligen Patientin der Oberärztin der Neurochirurgie. Das Siegener Forum Gesundheit, in dessen Rahmen der Vortrag stattfand, wurde von der Selbsthilfekontaktstelle der Diakonie in Südwestfalen organsiert.
„Ich bin jahrelang wegen meines Schlappfußes hingefallen. Ganz oft aufs Gesicht und auf die Knie. Ich hatte Angst, vor die Tür zu gehen. Heute führe ich endlich ein normales Leben.“ Nicole Brinker aus Soest ist eine frühere Patientin der Neurochirurgie im Diakonie Klinikum Jung-Stilling. Die 53-Jährige erzählte, dass ihre Fußheberlähmung schon immer da war. „Ich kam wohl damit zur Welt, wusste aber lange Zeit nicht, was ich habe. Erst vor zehn Jahren erhielt ich die Diagnose – und zum Glück auch die Therapie, hier in Siegen.“ Dr. Anne Carolus machte deutlich, dass der Fuß von Nicole Brinker eine gute Grundbeweglichkeit hatte, wodurch sich eine Operation nach dem „Seilzug-Prinzip“ angeboten hat. „Das ist eine wirksame Methode, um eine Fußheberparase zu behandeln“, so die Oberärztin. Bei dem Eingriff wird die Sehne eines anderen Fußmuskels auf den Fußrücken umgelenkt. Vier Schnitte am Unterschenkel und am Fuß sowie ein einwöchiger Krankenhausaufenthalt sind dafür nötig. Es folgen sechs Wochen, in denen der Fuß entlastet und geschient bleibt, damit die Sehnen verheilen. Ist dieser Prozess beendet, kann mit aktivem Training begonnen werden.
Doch wie kommt es zu einer solchen Lähmung? Ursächlich ist eine ausgefallene oder geschwächte Muskulatur, wodurch der Vorfuß beim Laufen nicht mehr vom Boden abhebt. Oft ist eine Fußheberlähmung auf den sogenannten Nervus peroneus zurückzuführen. Das ist ein Nerv, der entlang der Außenseite des Knies und des Wadenbeins verläuft und Muskeln am Unterschenkel sowie am Fuß versorgt. Ist dieser Nerv beschädigt, so werden die Impulse des Gehirns, durch die das Bein zum Laufen angehoben wird, nicht korrekt weitergegeben. Dr. Carolus: „Allein langes Verharren in Knieposition oder das Übereinanderschlagen der Beine kann den Nervus peroneus schädigen, wodurch es zu einer Fußheberlähmung kommen kann.“ In einigen Fällen kann sie auch als Folge einer Verletzung oder eines Knochenbruchs eintreten. Zudem sind ein Bandscheibenvorfall, ein Schlaganfall, Multiple Sklerose und Polyneuropathie häufige Ursachen. In vielen Fällen besteht eine Fußheberlähmung aber schon langjährig und die Ursache ist nicht mehr nachzuvollziehen.
„Betroffene fallen vor allem durch ihr Gangbild auf. Sie setzen den Fuß nicht zuerst mit der Ferse, sondern mit der Fußspitze auf“, so die Oberärztin. Diese unphysiologische Reihenfolge führt zu einem Kontrollverlust im Fuß. Zu den Folgen zählen häufiges Stolpern, Druckstellen am Fuß und aufgrund der Fehlhaltung langfristig auch Schmerzen in Knie, Hüfte und Rücken. Für die Diagnostik gibt es laut der Expertin unterschiedliche Maßnahmen. Möglich sind elektrophysiologische Messungen, eine Magnetresonanztomographie sowie eine Ultraschalluntersuchung. Die Therapie hängt von der Ursache ab. So ist es je nach Krankheitsbild neben einer Operation auch möglich, den Betroffenen mithilfe von Schienen den Alltag zu erleichtern. Sie stützen laut Dr. Carolus den Fuß ab und hindern ihn daran, in die Spitzstellung zu kommen. Elementar ist zudem Physiotherapie, die vor allem dann hilft, wenn die Ursache wie ein Bandscheibenvorfall erfolgreich behandelt wurde. In einer speziellen Sprechstunde nimmt sich Dr. Anne Carolus gemeinsam mit anderen medizinischen Fachleuten den Leiden der Betroffenen an. „Wir schauen uns die Problematik genau an und erörtern individuelle Lösungen.“