Siegener Forum Gesundheit: Wege aus der Alkoholabhängigkeit
Die Droge Alkohol macht es leicht, von ihr abhängig zu werden. Beim Siegener Forum Gesundheit im Diakonie Klinikum Jung-Stilling zeigte Suchtmediziner Georg Weil nun Wege aus der Sucht auf.
74 000 Todesfälle werden jährlich in Deutschland mit Alkoholkonsum in Verbindung gebracht, zwei Millionen sind von der Droge abhängig, 200 Alkohol-Folgeerkrankungen sind bekannt. Diese und weitere Fakten rund um „des Deutschen liebstes Genussmittel“ legte Georg Weil, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Anästhesiologie, Intensiv-, Notfall- und Suchtmedizin, beim Siegener Forum Gesundheit in der Cafeteria des Diakonie Klinikums Jung-Stilling vor. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Selbsthilfekontaktstelle der Diakonie in Südwestfalen.
Dem Experten zufolge leben in Deutschland fünf Millionen Menschen mit riskantem Alkoholkonsum. Bis zu zwei Millionen von ihnen sind abhängig. „Die Folgen sind gravierend, nicht nur persönlich für die Betroffenen“, so Georg Weil. Denn: Mehr als 2000 Kinder kommen jährlich mit fetalem Alkoholsyndrom zur Welt. Zudem verursacht die Abhängigkeit dem deutschen Staat – etwa durch Arbeitsunfähigkeit – Kosten von mehr als 57 Milliarden Euro jährlich. Als riskant werde ein Alkoholkonsum eingestuft, wenn ein Mann mehr als 24 Gramm reinen Alkohol täglich konsumiert. Bei Frauen liegt die Grenze bei zwölf Gramm. Und diese Grenze sei schnell erreicht: Zehn Gramm reiner Alkohol sind etwa in 200 Milliliter Bier oder 100 Milliliter Sekt enthalten. Deshalb betonte Georg Weil: „Es gibt keine Obergrenze, jeder Alkoholkonsum stellt ein Gesundheitsrisiko dar.“
Am Anfang der Abhängigkeits-Diagnostik stehen einfache Fragen. Besteht ein starkes Verlangen oder eine Art Zwang, Alkohol zu konsumieren? Müssen Sie immer größere Mengen trinken, bis der Alkohol Wirkung zeigt? Vernachlässigen Sie die Familie oder ihre Hobbys, um Alkohol zu trinken? Werden diverse Fragen mit Ja beantwortet, erscheint eine Abhängigkeit wahrscheinlich. „Es gibt viele Kriterien, die in ein Suchtverhalten hineinspielen“, so der Experte. Dazu zählt etwa die ständige Verfügbarkeit von Alkohol. Zudem ist die Droge gesellschaftlich anerkannt, wie etwa das Feierabendbier oder der Frühschoppen. In die Sucht hinein spielen indes auch genetische Faktoren, sowie die Persönlichkeit und die Psyche jedes einzelnen.
Wer Hilfe braucht, findet laut Georg Weil viele Anlaufstellen, wie etwa den Hausarzt, Suchtberatungsstellen oder Suchtambulanzen. Die Behandlung – im Falle einer Suchterkrankung als Entgiftung bezeichnet – erfolgt in Krankenhäusern. An den zumeist stationären Aufenthalt schließt sich die Rehabilitation als Langzeittherapie (zehn bis zwölf Wochen) in speziellen Suchtkliniken an. „Die Behandlung fußt auf vielen Bausteinen“, so der Suchttherapeut. Suchtkranke nehmen an psychotherapeutischen Sitzungen in Gruppen- oder Einzelgesprächen teil, haben die Möglichkeit zur Ergo-, Kreativ- oder Sporttherapie. Wichtig sei zudem – falls vorhanden – die Einbeziehung der Angehörigen.