Post-Polio-Syndrom: Wenn die Kinderlähmung zurückkehrt
Mit Hilfe der Selbsthilfekontaktstelle der Diakonie in Südwestfalen möchte Erika Denker aus Wilnsdorf einen Gesprächskreis gründen – für Menschen mit Post-Polio-Syndrom sowie für ehemals Polio-Erkrankte.
Windpocken, Masern, Kinderlähmung: Impfungen, die heutzutage standardmäßig durchgeführt werden, haben zur Folge, dass viele der klassischen Kinderkrankheiten als ausgerottet gelten. Anfang der 1950er-Jahre war das noch anders. Damals war Erika Denker (heute 73) eine von vielen, die an Kinderlähmung erkrankte. „Ich war erst zwei Jahre alt, deshalb weiß ich gar nicht, wie schlimm es war“, sagt die Wilnsdorferin. Gut in Erinnerung sind ihr indes die vergangenen vier Jahre. Als Post-Polio-Syndrom (PPS) kam die Kinderlähmung zurück, mit erheblichen Folgen. Fachliche Informationen bekam Erika Denker durch den Bundesverband Polio, dessen Mitglied sie ist. Treffen für Betroffene aus der Region finden regelmäßig in Neuwied statt. Mit Hilfe der Selbsthilfekontaktstelle der Diakonie in Südwestfalen möchte Erika Denker nun einen Gesprächskreis im Raum Siegen gründen – einerseits für Menschen, die ebenfalls an PPS leiden, andererseits aber auch für ehemals Polio-Erkrankte, die keine oder nur geringe Spätfolgen davongetragen haben.
„Ich habe noch Glück gehabt“, sagt Erika Denker, obwohl sich ihr Leben in den vergangenen vier Jahren entscheidend änderte. Die Diagnose PPS war bei ihr ein Zufallsbefund. Darauf, dass mit der Seniorin gesundheitlich etwas nicht stimmte, stieß eine Ärztin, die Erika Denker in einer Reha-Maßnahme kennenlernte. „Bei der Anamnese gab ich an, im vergangenen Jahr mehrfach gestürzt zu sein. Ohne Grund.“ Zudem klagte die Wilnsdorferin über Schmerzen im Bein. „Beides Symptome, die viele Mediziner als normale Alterserscheinungen abtun“, so Erika Denker. Nicht jedoch die Reha-Ärztin. Sie verwies Erika Denker mit dem PPS-Verdacht an den Hausarzt, der wiederum vermittelte Erika Denker, nach gesicherter Diagnose durch eine Neurologin, an eine Polio-Spezialklinik in Koblenz. „Ein Segen, dass meine Ärzte so gut zusammenarbeiteten und mich ernstnahmen“, sagt die 73-Jährige. Dies, so hat sie in Gesprächen mit PPS-Betroffenen, die sie über den Poliomyelitis-Bundesverband kennenlernte, sei nicht selbstverständlich. Dazu sei die Krankheit einfach zu unbekannt.
In Koblenz wurde Erika Denker „auf den Kopf gestellt“. Die Kinderlähmung hinterlässt Nervenschädigungen, die der Körper häufig über Jahrzehnte ausgleichen kann. Dadurch werden nicht betroffene Körperteile erheblich überlastet. Oft ist es hilfreich, durch eine speziell angefertigte Orthese die nachlassende Kraft auszugleichen. „Zudem steht bei Menschen mit Post-Polio alles unter der Devise: ausruhen, bevor ich müde werde“, erklärt Erika Denker. Dies bedeutet, dass sie selbst nur noch maximal 200 Meter zu Fuß bewältigen kann, für längere Geh-Strecken wurde ihr geraten, einen elektrischen Rollstuhl zu nutzen. „Post-Polio-Betroffene können zudem einmal jährlich eine Rehamaßnahme in Anspruch nehmen und bekommen durchgängig Krankengymnastik“, sagt Denker. Wichtige Tipps, die sie gerne in einer Selbsthilfegruppe weitergeben möchte. Zudem steht hier der Austausch in einem geschützten Rahmen im Mittelpunkt.
Interessierte können sich an die Selbsthilfekontaktstelle der Diakonie in Südwestfalen wenden – unter der Telefonnummer 0271/500 3131 oder per E-Mail an selbsthilfe@diakonie-sw.de