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Leben mit dem Tod vor Augen

25.11.2024

Inne halten, nachdenken, sich der Vergänglichkeit bewusst werden: Auch dafür steht die Adventszeit. Marlene Meckel ist Gast im Evangelischen Hospiz Siegerland und erlebt dort bis zu ihrem Tode ihre letzten Tage oder Wochen.

Die Liebe ist es, die alles übersteht. Trennung, Schmerz – und sogar den Tod. Marlene Meckel weiß das. Zwar möchte sie ihren richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen. Umso offener spricht sie indes über ihr Leben, die Liebe und das Sterben. Marlene Meckel lebt seit fünf Wochen im Evangelischen Hospiz Siegerland.

Sie sind ein Paar seit 32 Jahren: Marlene Meckel und ihr Ehemann Marcus. Gemeinsam haben sie viel erlebt. Schöne Dinge, wie die Urlaube in Südtirol oder an der See. Sie haben ein gemeinsames Haus, einen großen Freundeskreis. Seit fünf Jahren kämpfen die beiden jedoch einen Kampf, der sie am Ende unweigerlich trennen wird. Mit Atemnot ging Marlene Meckel damals zum Hausarzt – nur wenige Tage später wurde bei ihr Lungenkrebs diagnostiziert. „Viereinhalb Jahre wurden uns noch geschenkt. Doch nun geht es nicht mehr weiter. Gemeinsam haben wir entschlossen, dass ich im Hospiz lebe. Und das ist gut so.“

Die Diagnose riss Marlene Meckel den Boden unter den Füßen weg. Lungenkrebs. Daran war schon ihre Schwester verstorben. Wenn sie an sie denkt, wird die 63-Jährige ruhig: „Wir hatten so ein gutes Verhältnis. Ich hoffe darauf, sie bald wiederzusehen.“ Was nach dem Tod kommt? „Ich habe keine Vorstellung. Niemand von uns kann das wissen. Aber Angst habe ich keine“, sagt die zierliche Frau mit den kurzen, hellen Haaren. Der Tod hat keinen Platz in ihren Gesprächen. Viel lieber redet sie über das Schöne, was sie in ihren 63 Jahren erlebt hat. Das erste Kennenlernen mit dem späteren Ehemann in der Disco zum Beispiel. Die vielen Jahre, die das Paar gemeinsam im Drei-Schicht-Betrieb in einem Unternehmen im Nachbarort arbeitete. Oder die vielen glücklichen Tage im eigenen Reihenhaus. „Wir waren eigentlich immer zusammen.“ Auch in schlechten Zeiten. Der ersten Chemo nebst Bestrahlung folgte eine Immuntherapie. „Und wir hatten viereinhalb wundervolle Jahre“, so Marlene Meckel. Viereinhalb Jahre, die das Paar nutzte, um zu reisen oder Konzerte zu besuchen. Egal ob Rammstein oder Brian Ferry: „Wir haben alles gemacht, auf was wir Lust hatten.“

Doch Anfang 2024 war klar - der Kampf geht verloren: „Der Krebs war zurück. Da sind Metastasen in Leber, Schulter und Hüfte. Es ging alles unfassbar schnell.“ Und genauso schnell merkte das Paar auch dass es sich nun räumlich trennen musste. „Mein Mann war mit der Pflege überfordert.“ Hier, im Evangelischen Hospiz Siegerland, fühlt sich Marlene Meckel angekommen. „Die Menschen sind liebevoll.“ Doch natürlich sei die Entscheidung nicht einfach gewesen. „Hospiz: da hat man doch erst einmal Angst. Bis man mal da ist. Dann erlebt man, wie viel Gutes hier passiert. Es ist der richtige Ort für mich, für uns.“ Marcus Meckel besucht seine Frau jeden zweiten Tag. Manchmal bringt er Freunde mit oder die Nachbarn oder seinen Neffen mit den Kindern. Jeden Tag ist jemand zu Gast: „Langweilig wird es mir hier nie.“ 

Trotzdem, es gibt einen großen Wunsch, den Marlene Meckel hat: „Weihnachten möchte ich zu Hause verbringen.“ Im Kreise ihrer Lieben. Mit ihrem Bruder, ihrer Schwägerin, Freunden und vor allem mit Marcus. Denn die Nächte ohne ihn sind schlimm. Wenn er das Hospiz nach dem Abendessen verlässt, beginnt das Gedankenkarussell, sich zu drehen. Marlene Meckel denkt dann an ihr Leben. Würde sie etwas anders machen? Die 63-Jährige hält kurz inne: „Nein, da gibt es nichts, was ich ändern würde. Ich liebe und werde geliebt. Alles ist gut so, wie es ist.“

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