Diabetes in der Schwangerschaft: Kein seltenes Phänomen
Sechs bis acht Prozent der Frauen entwickeln im Laufe einer Schwangerschaft einen Schwangerschaftsdiabetes. Wie er zu behandeln ist, führte Chefärztin Dr. Flutura Dede bei einem Vortrag im Siegener Diakonie Klinikum aus.
Sechs bis acht Prozent der Frauen entwickeln im Laufe einer Schwangerschaft einen Schwangerschaftsdiabetes, auch Gestationsdiabetes genannt. Und da die Mütter immer älter werden, ist die Tendenz steigend. Diese Störung des Blutzuckerstoffwechsels ist allerdings gut zu behandeln, wie Dr. Flutura Dede, Chefärztin der Abteilung Geburtshilfe und Pränatalmedizin am Diakonie Klinikum Jung-Stilling in Siegen und Spezialistin auf dem Gebiet des Schwangerschaftsdiabetes, nun bei einem Vortrag im Klinikum an der Wichernstraße ausführte.
Der Schwangerschafts- oder Gestationsdiabetes ist eine der häufigsten Begleiterkrankungen in der Schwangerschaft. Ursächlich ist der veränderte Hormonhaushalt, der den Zuckerstoffwechsel ins Ungleichgewicht bringt. „Negative Einflüsse sind zudem Übergewicht, ungesunde Ernährung und Bewegungsarmut“, so die Chefärztin. Wichtig seien ihr zufolge Früherkennung und Therapie, denn: „Nur so können die Gefahren bei Mutter und Kind minimiert werden.“
Anders, als bei einer „normalen“ Diabeteserkrankung sind indes typische Anzeichen wie starker Durst, häufiges Wasserlassen oder Müdigkeit bei Schwangeren nur sehr selten oder gar nicht vorhanden. Ob ein Schwangerschaftsdiabetes vorliegt, lässt sich am besten mit Hilfe des oralen Glukosetoleranztestes („großer Zuckertest“) feststellen. Dieser ist Bestandteil der Routine- Untersuchungen während der Schwangerschaft. Die Kosten werden somit von den Krankenkassen übernommen.
Zunächst wird ein „kleiner“ Zuckertest angeboten, der unabhängig von Tageszeit und Nahrungsaufnahme durchgeführt wird. Beim Gynäkologen trinken die Patientinnen ein Glas Wasser mit einer Zuckerlösung. Nach einer Stunde werden die Blutwerte bestimmt. Liegen erhöhte Blutzuckerwerte vor, steht der Folgetermin zum „großen Zuckertest“ auf dem Programm. Für diesen muss die Schwangere nüchtern sein. Sie nimmt dann wieder eine Zuckerlösung (dieses Mal höher dosiert) zu sich. Drei Messungen erfolgen, die dem Mediziner anzeigen, ob ein Schwangerschaftsdiabetes vorliegt.
Liegt ein Schwangerschaftsdiabetes vor, ist laut Dr. Flutura Dede schnelles Handeln gefragt, denn die Folgen für die werdende Mutter sind gravierend. Mit dem Schwangerschaftsdiabetes steigt das Risiko für Bluthochdruck, Schwangerschaftsvergiftung (Präeklampsie), Infektionen, eine erhöhte Rate an Geburtsverletzungen und Kaiserschnitten, Blutungen nach der Geburt oder auch Depressionen. Langzeitfolgen sind eine mögliche Entwicklung eines Diabetes mellitus Typ-2 (Altersdiabetes) und das Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Herzinfarkt, Schlaganfall). Und auch auf die Ungeborenen kann sich ein Schwangerschaftsdiabetes auswirken. Dr. Flutura Dede: „Nicht selten kommen Frühgeburten vor. Zudem können die Kinder ein hohes Geburtsgewicht aufweisen. Folglich kann es zu Geburtsproblemen, Atemanpassungsstörungen, Unterzuckerungen, Elektrolytstörungen, erhöhten Blutabbauprodukten oder einer Erhöhung der roten Blutkörperchen kommen. Langzeitfolgen für das Kind sind Übergewicht und die Möglichkeit, in späteren Jahren an einem Diabetes zu erkranken.“
Nach der Feststellung des Schwangerschaftsdiabetes erfolgt ein ausführliches Gespräch zwischen dem behandelnden Arzt und der Schwangeren. Dabei werden die geplanten therapeutischen Schritte erklärt. Die Behandlung beruht dabei auf drei Pfeilern: der körperlichen Aktivität, einer gesunden Ernährung sowie der Blutzuckerselbstkontrolle.
Bewegung oder Sport sollten in der Schwangerschaft fortgesetzt werden – immer nach individueller Beratung durch den behandelnden Frauenarzt. „Als einfachste Art empfehlen wir mindestens dreimal wöchentlich zügiges Spazierengehen von mindestens 30 Minuten Dauer nach dem Essen“, führte Dr. Dede aus.
Zudem erhält die Patientin mit Schwangerschaftsdiabetes eine individuelle Ernährungsberatung und ein Blutzuckermessgerät, um die Werte auch zu Hause zu kontrollieren. Nur in rund 20 Prozent der Fälle ist eine Insulintherapie notwendig.
Wichtig, so die Chefärztin, sei immer die Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Frauenärzten, Diabetologen, Hebammen und der Entbindungsklinik bei der Betreuung der Schwangerschaftsdiabetes. Ihr Rat: „Um eine optimale Versorgung des Kindes zu ermöglichen wird empfohlen, dass alle werdenden Mütter mit Schwangerschaftsdiabetes in einer Klinik mit angeschlossener Kinderklinik oder Perinatalzentrum Level I gebären. Dies gilt unbedingt für insulinbehandelte Schwangere.“
Auch mit der Schwangerschaft ende die Behandlung nicht: „Um das Diabetes-Risiko zu senken, ist es entscheidend, auch nach der Schwangerschaft gesund zu leben. Die Ernährungsumstellung sollten Frauen also beibehalten“, so Dr. Flutura Dede. Zudem sei es ratsam, nicht zu rauchen, körperlich aktiv zu bleiben und eine Optimierung des Körpergewichtes anzustreben.