Der Angst die Angst nehmen
Diagnose und Therapie von Angststörungen: Darüber referierte Georg Weil, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie für Anästhesiologie, Intensiv- und Notfallmedizin, beim Siegener Forum Gesundheit.
Zwölf Millionen Menschen in Deutschland leiden unter Angststörungen. Dies bringt erhebliche Einschränkungen der Lebensqualität mit sich – für die Betroffenen und ihre Angehörigen. Wie Angststörungen entstehen und wie sie zu therapieren sind, darüber referierte Georg Weil, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Facharzt für Anästhesiologie, Intensiv- und Notfallmedizin am Diakonie Klinikum in Siegen und Freudenberg, beim „Siegener Forum Gesundheit“. Die Veranstaltung in der „Stilling“-Cafeteria wurde von der Selbsthilfekontaktstelle der Diakonie in Südwestfalen organisiert.
Angst ist biologisch angelegt. Sie zählt zu unseren Emotionen. „So fürchten sich manche Menschen vor bestimmten Insekten, Feuer oder großen Höhen: „Ein ganz normales Gefühl, dass dazu beiträgt, unsere Art zu erhalten“, führte Weil aus. Allerdings kann die Angst auch krankhaft werden. Dann, wenn sie unangemessen stark und häufig auftritt, man das Gefühl hat, wegen ihr die Kontrolle zu verlieren und der Leidensdruck immer größer wird. Als Auslöser gebe es viele Faktoren. So spiele die Genetik eine Rolle, aber auch traumatische Erfahrungen, chronische Überforderung und Stress sowie der Missbrauch von Drogen oder Alkohol. Hinzu komme, dass eine Angststörung häufig auch Begleiterkrankungen mit sich bringe: „50 Prozent der Betroffenen leiden zusätzlich an Depressionen, bei bis zu 30 Prozent treten zudem Suchterkrankungen zusätzlich auf“, so Weil.
Der Psychotherapeut schlüsselte beim Vortrag die verschiedenen Erscheinungsformen der Angststörung auf. Als wichtigste nannte er die Panikstörung. „Die Beschwerden kommen unvermittelt. Betroffene finden sich oft mit Herzrasen, Schweißausbrüchen oder ähnlichen körperlichen Symptomen in der Notaufnahme wieder. Wichtig ist es hier, den Patienten ernst zu nehmen und ihn nicht mit der Diagnose ,Ihnen fehlt ja nichts‘ einfach nach Hause zu schicken“, machte Georg Weil deutlich. Neben der Panikstörung gebe es aber auch andere Erscheinungsbilder der Angststörung, wie die Agoraphobie (die Angst vor offenen Plätzen, Menschenmengen oder Reisen in weite Entfernung), spezifische Phobien (etwa vor Spinnen) oder die generalisierte Angststörung. Gerade letztere sei, so der Mediziner, gekennzeichnet durch eine Vielzahl körperlicher Symptome: „Betroffene beschäftigen sich gedanklich bis zu 60 Prozent ihres Tages mit den eigenen Sorgen. Dies führt zu Verspannungen, gerade im Rücken- oder Schulterbereich. Sie suchen den Orthopäden auf, der dann nichts findet. Eine fatale Entwicklung.“
Wenn Angstpatienten nicht professionell geholfen wird, entwickeln sie eigene Mechanismen, mit der Krankheit umzugehen. Diese führen meist zum Vermeidungsverhalten. „Das kann so weit gehen, dass die eigene Wohnung nicht mehr verlassen wird“, führte Weil aus. Dabei stehen viele Therapiemöglichkeiten bereit. Der Weg führe über die Psychoedukation, also die Aufklärung über die eigene Krankheit, über die Psychotherapie und die Gabe unterstützender Medikamente. Zudem erläuterte Georg Weil einige Sofortmaßnahmen, die zur Linderung beitragen können: „Hierzu zählen die Reduzierung von Koffein, eine verbesserte Schlafhygiene sowie Entspannungs- und Sportangebote.“