Chancen und Tücken der generalistischen Pflegeausbildung
„Es ist toll, dass sich so viele junge Menschen für den Pflegeberuf begeistern.“ Das sagte Landtagsabgeordnete Anke Fuchs-Dreisbach (CDU) bei ihrem Besuch im Pflegebildungszentrum (PBZ) der Diakonie in Südwestfalen.
Im Gespräch mit Schulleiter Frank Fehlauer, seinen Stellvertretern Andrea Wolf und André Muesse sowie dem Referenten für Freiwilligendienste Dirk Hermann und den Auszubilden Napirai Fischbach und Ousamah Al Oklah ging es um die Erfahrungen mit der neuen generalistischen Ausbildung, den Fachkräftemangel und Zukunftsperspektiven.
Die 2020 in Deutschland eingeführte generalistische Pflegeausbildung fasst die bisherigen Ausbildungen in der Altenpflege, Krankenpflege und Kinderkrankenpflege zusammen. Diese umfassende Ausbildung bereitet die Schüler darauf vor, flexibel in verschiedenen Pflegebereichen tätig zu sein, Menschen aller Altersgruppen versorgen zu können und eröffnet ihnen damit vielfältige berufliche Perspektiven. Während ihres Besuchs nutzte die Abgeordnete die Gelegenheit, mit den Auszubildenden Napirai Fischbach und Ousamah Al Oklah ins Gespräch zu kommen und über ihre Erfahrungen zu sprechen. Beide sind im dritten Ausbildungsjahr und schätzen die Vielfalt der Bereiche, in die sie Einblicke erhalten. „Ich finde die praktischen Einsätze sehr interessant und habe im Altenheim viel gelernt“, sagte Ousamah. „Gerade in Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels brauchen wir engagierte und gut ausgebildete Pflegekräfte, die Menschen aller Altersgruppen professionell versorgen können“, so Anke Fuchs-Dreisbach. Ebenso sei positive Kommunikation wichtig, um mehr junge Menschen für die Ausbildung in der Pflege zu gewinnen. „Wer sich für den Pflegeberuf und die Arbeit mit den Menschen entscheidet, bringt ein hohes Maß an Empathie mit“, betonte sie. Immer noch kämpfe die Pflege mit negativen Vorurteilen, meinte Frank Fehlauer. „Doch mit 1200 Euro im ersten Ausbildungsjahr gehört die Pflege zu den bestbezahltesten Ausbildungsberufen, es gibt zahlreiche Weiterbildungs- und Karrieremöglichkeiten und schon in der Ausbildung erfahren die Schüler in der Arbeit mit den Patienten viel Dankbarkeit.“ André Muesse ergänzte: „Der Pflegeberuf wird vielfältiger. In Schulen ist häufig nicht bekannt, dass auch ein Studium nach der Ausbildung möglich ist.“
7 Kurse mit 154 Auszubildenden durchlaufen aktuell am PBZ die Pflege-Ausbildung. Doch die neue Ausbildungsform bringt auch Herausforderungen mit sich, wie Frank Fehlauer deutlich machte: „Die Verpflichtung des Arbeitgebers die notwendigen Praxiseinsätze in den verschiedenen Bereichen sicherzustellen ist nicht immer leicht, denn Außeneinsatzorte wie in der Psychiatrie, Pädiatrie, Ambulanten Pflege und stationären Langzeitpflege sind von allen Ausbildungsträgern stark frequentiert.“ Hierbei sei Kreativität gefragt und ein gutes Netzwerk an Kooperationspartnern, ergänzte Andrea Wolf. „Die Diakonie in Südwestfalen mit ihren mehr als 130 Einrichtungen bietet unseren Schülern ein breites Netz an Möglichkeiten, praktische Erfahrungen in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen zu sammeln.“
Zwar ist das Interesse an einer Ausbildung zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen Jahren gestiegen. Aufgrund der demografischen Entwicklung sind die Bewerberzahlen trotzdem rückläufig. Für Andrea Wolf ist in diesem Zusammenhang das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) ein Gewinn. Aktuell sind etwa 90 FSJler in verschiedenen Einrichtungen der Diakonie tätig. „Viele von ihnen entscheiden sich danach für eine Ausbildung bei uns“, so Andrea Wolf. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, wurde zudem das Projekt „Pflege kennt keine Grenzen“ ins Leben gerufen. Im Rahmen des Projekts absolvieren junge geflüchtete und zugewanderte Menschen ein Freiwilliges Soziales Jahr und lernen Deutsch mit dem Ziel, sich auf die Sprachprüfung vorzubereiten, damit sie das Rüstzeug haben, die Pflegeausbildung zu starten. 49 Prozent der aktuell 154 Auszubildenden am PBZ haben einen Migrationshintergrund. „Bei den bürokratischen Verfahren der hochmotivierten Auszubildenden mit Migrationshintergrund erleben wir häufig lange Wartezeiten. Die Überlastung der Behörden erschwert und verzögert die Einstellung von geeigneten Bewerben, da bei Kursbeginn alle Dokumente vorliegen müssen“, berichtete Dirk Hermann. Die Abgeordnete dankte den Verantwortlichen der Diakonie Südwestfalen sowie den Auszubildenden für den offenen Austausch und ihre Arbeit. „Ihre Leidenschaft und Ihr Einsatz sind unverzichtbar für unsere Gesellschaft.“