Darmgesundheit stößt auf großes Interesse

Widmeten sich bei einer Informationsveranstaltung von Diakonie Klinikum Jung-Stilling und AOK vor rund 200 Besuchern im Hüttensaal der Siegerlandhalle dem Thema „Darmgesundheit“ (von links): Chefarzt Professor Dr. Joachim Labenz, Leitender Arzt Dr. Ali Kartal, Ernährungsexpertin Dr. Gisela Labenz, stellvertretende Landrätin Jutta Capito, Regionaldirektor AOK Nordwest Dirk Schneider und Marketingleiter AOK Nordwest Jochen Groos.
Der Darm wird grob unterteilt in Dünndarm, Dickdarm und Mastdarm (Rektum). „Der rund fünf Meter lange Dünndarm beginnt direkt hinter dem Magen und besteht aus dem Zwölffingerdarm, dem Leerdarm und dem Krummdarm“, sagte Dr. Ali Kartal, Ärztlicher Leiter der Sektion Gastroenterologie im Diakonie Klinikum Jung-Stilling. Nachdem Speisen und Flüssigkeiten im Mund und Magen vorverdaut wurden, zerlegt der Dünndarm die aufgenommene Nahrung in einzelne Bausteine, wie Fette, Eiweiße, Kohlenhydrate Salze, Wasser und Vitamine. Anschließend werden im Dickdarm unverdauliche Nahrungsreste eingedickt, indem ihnen Wasser und Salze entzogen werden. Wie lange der Nahrungsbrei in den einzelnen Verdauungsorganen verweilt, ist individuell verschieden. Kartal nannte Durchschnittswerte ─ Speiseröhre: 1 bis 10 Sekunden, Magen: 1 bis 3 Stunden, Dünndarm: 7 bis 9 Stunden, Dickdarm: 25 bis 30 Stunden und Mastdarm: 30 bis 120 Stunden. In Letzterem wird der Inhalt bis zur nächsten Stuhlentleerung gespeichert. Der Arzt betonte, dass der Darm nicht nur ein Ausscheidungsorgan ist, sondern auch bei Verdauung und Nährstoffaufnahme eine wesentliche Rolle spielt. Was in diesem Zusammenhang noch wichtig ist, erklärte Prof. Dr. Joachim Labenz, der seinen Vortrag mit einer Frage startete: „Wenn ein Wissenschaftler behauptet, dass es im Körper ein neues Organ gibt, das einhundert Mal mehr Gene hat als im gesamten menschlichen Erbgut vorhanden sind und das durch Diät, Operationen sowie Medikamente veränderbar ist, was würden Sie denken?“ Während die Mehrheit dies wohl für absurd hielt, löste Labenz die Fragestellung auf, indem er über das Mikrobiom informierte. Dies ist die Gesamtheit aller den Menschen besiedelnden Mikroorganismen, zu denen unter anderem Bakterien gehören. „Das Mikrobiom des Menschen bringt bis zu zwei Kilogramm auf die Waage, befindet sich in und auf unserem Körper, ist Teil intensiver medizinischer Forschung und noch nicht umfassend verstanden“, erklärte Labenz. Der größte Teil des Mikrobioms besiedelt den Dickdarm. Unter anderem produzieren die Bakterien dort Enzyme, die die Nahrung aufspalten. Ist das Darmmikrobiom im Ungleichgewicht können Krankheiten entstehen. Insbesondere Antibiotika haben einen negativen Einfluss, da sie nicht nur schädliche sondern auch nützliche Darmbakterien zerstören. Folglich können Darmentzündungen oder ein Reizdarm entstehen. In diesem Zusammenhang informierte Labenz über eine oft mit Ekel assoziierte Therapie, die jedoch Krankheiten heilen kann ─ eine Stuhltransplantation. Dabei wird Patienten, deren eigene Darmflora gestört ist, Stuhl eines gesunden Spenders in den Darm übertragen. Ziel ist es, das kranke Darmmikrobiom wieder herzustellen. Dieser Therapievorgang sei kein neues Verfahren: „Bereits im vierten Jahrhundert wurde es in China zum ersten Mal durchgeführt“, so Labenz. Erst in den letzten Jahren hat die Behandlungsform wieder mehr Interesse erhalten. „Laut einer Auswertung können 85 Prozent der Patienten durch eine Stuhltransplantation von einer speziellen Darminfektion befreit werden.“ Besonders spektakulär sind neue Forschungsergebnisse, die einen Zusammenhang zwischen Darmflora und häufigen Erkrankungen wie unter anderem Übergewicht und Reizdarm nahelegen.
Um den zu Darm zu unterstützen „sind fünf kleinere Mahlzeiten sinnvoller als wenige große“, sagte Dr. Gisela Labenz, Ernährungsexpertin am Medizinischen Zentrum Siegerlandflughafen in Burbach. Sie riet zu Milchprodukten, Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten und Vollkornprodukten. „Zu viel Rind-, Schwein-, oder Lammfleisch steigert das Darmkrebsrisiko. Essen sie davon maximal 500 Gramm pro Woche.“ Sie empfahl mindestens zweimal die Woche Fisch zu essen. Dessen Omega-3-Fettsäuren wirken im Körper entzündungshemmend. Zudem sei es wichtig viel Flüssigkeit zu sich zu nehmen (etwa 30 ml pro Kilogramm Körpergewicht). Die Faustregel dabei: „Alkohol und Softdrinks sind schädlich. Wer neben Wasser etwas anderes trinken möchte, kann zu ungesüßtem Tee greifen.“ Zudem riet die Fachfrau zu Walnuss- oder Rapsöl, statt Oliven- oder Sonnenblumenöl sowie zu Schwimmen, Joggen, Radfahren oder Gymnastik.